Rede zur Dämpfung des Mietanstiegs
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Erste Lesung des Gesetzentwurfs zur Mietpreisbremse – angesichts der Diskussion, die wir darum schon geführt haben, meint man fast, man wäre im Gesetzgebungsverfahren schon weiter fortgeschritten.
Lieber Kollege Dirk Wiese, Sie haben gesagt, dass wir hier mit einem guten Gesetzentwurf starten. Das hat auch eine Vorgeschichte. Der erste Entwurf aus dem Hause des Ministers ging in vielen Punkten noch in eine andere Richtung, und wir haben in der Diskussion eben schon Verbesserungen erzielt. Daran wollen wir in der ersten Lesung und im weiteren parlamentarischen Verfahren anknüpfen.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben es verzögert und durchlöchert! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Beschimpfen Sie noch ein bisschen den Minister!)
Was uns allen gemeinsam ist, ist sicherlich die Einschätzung, dass die Wohnung eine ganz besondere Bedeutung für jeden Menschen hat. Sie ist der Ort des privaten Lebens, der eigene Lebensmittelpunkt. Sie ist der Ausgangspunkt für soziale Kontakte. Sie hat eine große Bedeutung. Deshalb ist nachvollziehbar, dass jemand, der über viele Jahre in einer Wohnung, in einem Kiez, in einem Wohnviertel gelebt hat, auch dort bleiben und sich nicht aus finanziellen Gründen vertreiben lassen will.
Die Wohnung ist auch deshalb existenziell, weil sie bei den Haushaltsausgaben ganz schön ins Kontor schlägt; die Wohnkosten machen häufig über ein Drittel aus. Das heißt ganz einfach: Wenn sich da noch Erhöhungen ergeben, dann ist das nur schwer auszugleichen. Deshalb ist das für uns ein ganz wichtiges Thema. Wir wollen Tendenzen entgegenwirken, dass Menschen, die ein geringeres Einkommen haben, nicht in ihren angestammten Wohngebieten bleiben können. Deshalb ist es uns nicht egal, dass der Befund so aussieht, dass in den Ballungszentren ganz erhebliche Mietsteigerungen zu verzeichnen sind, dass neu vereinbarte Mieten manchmal 20 Prozent, 30 Prozent über dem liegen, was vorher zu zahlen war. Das kann man so nicht hinnehmen.
Es ist verständlich, dass die Bürger von der Politik erwarten, dass wir da mit den Mitteln der Politik dagegenhalten. Deshalb haben wir ja auch – Sie haben es zu Recht gesagt – im Programm der Union den Menschen eine Mietpreisbremse zugesagt, und zwar genau in der Art und Weise, wie wir das jetzt andenken: regional begrenzt, zeitlich begrenzt, mit der Möglichkeit für die Landesregierung, zu verfügen, dass neue Mietverträge nur noch 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen dürfen.
Aber wir müssen zusehen, dass der Schuss nicht nach hinten losgeht; denn nicht immer ist gut gemeint auch gut gemacht. Am Ende wird sich die Situation auf den angespannten Mietmärkten nur dann entspannen, wenn es dort mehr neue Wohnungen gibt. Das müssen wir im Auge behalten. Wir müssen die Zusammenhänge betrachten, weil sich eben nicht alles so regeln lässt, wie wir das gerne hätten. Wir sehen doch die Ausweichreaktionen der Vermieter – Sie haben es selber gerade dargelegt –, die sich schon jetzt auf die zu erwartenden Regelungen einstellen und die Mieten ausreizen, so gut sie können. Das wollen wir nicht.
Für uns folgt daraus, dass wir die Zusammenhänge realitätsnah betrachten müssen. Wir wollen die Mietpreisbremse nur dort, wo sie wirklich gebraucht wird, nämlich dort, wo der Wohnungsmarkt wirklich angespannt ist. Wir wollen die Festlegung, wo das der Fall ist, nicht in das Belieben der Landesregierungen stellen, die das gerne politisch festlegen würden, sondern brauchen da objektive Kriterien. Die nennt der Gesetzentwurf der Bundesregierung völlig zutreffend: Dort, wo überdurchschnittliche Mietsteigerungen, eine überdurchschnittliche Belastung der Haushalte durch Mietkosten zu verzeichnen sind, dort, wo die Bevölkerung stärker wächst als im Durchschnitt, oder dort, wo es besonders wenig Leerstand gibt, da haben wir einen angespannten Wohnungsmarkt und da kann dann die Mietpreisbremse wirken.
Der zweite Punkt, der wichtig ist: Wenn die Mietpreisbremse für fünf Jahre angeordnet wird, dann muss diese Zeit auch genutzt werden. Wenn eine Landesregierung sagt: „Wir haben hier einen angespannten Mietmarkt“, dann ist sie aufgefordert, zu überlegen, was mit den Mitteln der Politik möglich ist, und dies auch zu tun. Da gibt es einen ganzen Strauß von Möglichkeiten. Nicht umsonst gibt der Bund jedes Jahr eine halbe Milliarde Euro für den sozialen Wohnungsbau dazu. Das muss dann ganz zielgenau für die Regionen mit einem angespannten Wohnungsmarkt genutzt werden. Es gibt weitere Möglichkeiten: Zusammen mit den Kommunen kann mehr Bauland ausgewiesen werden; die Bebauungspläne können so zugeschnitten werden, dass baurechtliche Hürden vereinfacht werden.
(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Gerade bei den Bundesliegenschaften blockiert doch die Union alles! – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wieso machen Sie nichts bei den Bundesliegenschaften? Nicht reden, handeln!)
Gut ist, dass Neubauten von der Mietpreisbremse ausgenommen sind. Das heißt nämlich, dass Investitionen weiter möglich sind. Das entlastet den Wohnungsmarkt da, wo er besonders angespannt ist; genau da brauchen wir ja Neubauten. Deshalb ist es konsequent, die Neubauten auszunehmen.
Wir brauchen aber auch – das ist wichtig – eine gewisse Praktikabilität der Regelungen. Ich glaube, da ist ein Fehler im System, dass wir zu sehr den Blick auf die großen, professionellen Vermieter richten. Die Union hat vor allem die privaten und kleinen Vermieter im Blick; ihre Wohnungen machen nämlich 60 Prozent der vermieteten Wohnungen aus. Das sind zum Beispiel selbstständige Handwerker, die zwei Wohnungen als Altersversorgung haben, oder Fälle, in denen jemand aufgrund eines beruflichen Ortswechsels sein Eigenheim vermietet und am neuen Arbeitsort Mieter wird; auch das ist gar nicht so selten. Das sind eben nicht die Profis, die schon zig Mietverträge geschlossen haben und genau wissen, was die ortsübliche Vergleichsmiete ist. An diese Personenkreise müssen wir ebenfalls denken; deshalb brauchen wir bei den Regelungen eine gewisse Praktikabilität.
Aus unserer Sicht wäre der qualifizierte Mietspiegel vor Ort hilfreich. Der gibt einen objektiven Anhaltspunkt dafür, was die ortsübliche Vergleichsmiete ist. Wenn wir das nicht auf diese oder eine andere Weise hinbekommen, schicken wir die Parteien sehenden Auges zu den Gerichten. Da fallen erst einmal hohe Kosten für die Gerichte und die Sachverständigen an, die dann – je nach Ausgang – vom Mieter oder Vermieter zu tragen sind. Das sind dann Beträge, von denen man lange Zeit die strittige Miete hätte bezahlen können; man hätte sich das also besser gespart. Das würden wir gern verhindern, indem wir auch qualifizierte Mietspiegel zur Voraussetzung machen.
Noch kurz zum Bestellerprinzip: Wir halten es für richtig, dass das Drei-Personen-Verhältnis zwischen Vermieter, Mieter und Makler noch einmal unter die Lupe genommen und im Sinne des Bestellerprinzips neu geregelt wird. Derzeit haben wir da die typischen Fehler eines Vertragsverhältnisses zulasten Dritter. Da einigen sich Vermieter und Makler auf die gesetzlich höchstzulässige Maklergebühr, und bezahlen muss es ein anderer. Das kann so nicht gehen. Allerdings sehen wir die Ausgestaltung des Bestellerprinzips, wie es im Gesetzentwurf steht, als zu eng geführt. Es fallen einige Fälle darunter, bei denen das keinen Sinn macht. Da müssen wir sicherlich noch einmal heran. Dazu werden wir sicherlich auch von den Sachverständigen einige Tipps bekommen.
Schön wäre es gewesen, wenn wir noch den Sach- und Fachkundenachweis für die Makler mit hereingenommen hätten.
Vizepräsidentin Edelgard Bulmahn:
Frau Winkelmeier-Becker, Sie müssen zum Schluss kommen.
(Renate Künast (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ich rede auch gleich zehn Minuten!)
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU):
Auch das hätte zur Qualität beigetragen. – Damit soll es für mich genug sein.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)