Dämpfung des Mietanstiegs auf angespannten Wohnungsmärkten und Stärkung des Bestellerprinzips bei der Wohnungsvermittlung

Liebes  Präsidium!  Liebe  Kollegen!  Meine  sehr  verehrten  Damen  und  Herren!  Wir  bringen  heute  endlich die Mietpreisbremse unter Dach und Fach, ein Projekt, das von beiden Seiten der Großen Koalition in den jeweiligen Wahlprogrammen  angekündigt  wurde,  das  im Koalitionsvertrag stand und das wir jetzt umsetzen, um damit dieses Versprechen zu erfüllen.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nach 500 Tagen Blockade!)

Die Mietpreisbremse soll galoppierende Mieten, wie wir sie in einigen Regionen, vor allem in den Großstädten  und  Ballungsräumen,  vorfinden,  stoppen,  und  das kann  sie  auch.  Entweder  haben  wir  das  Problem,  dass Mieten um 30 Prozent steigen, oder wir haben es nicht. Aber da, wo das bisher der Fall ist, geben wir das Mittel an die Hand, diese Erhöhung der Mieten auf 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zu begrenzen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Der Befund – das ist hier schon ausgeführt worden – ist, dass wir eine sehr unterschiedliche, differenzierte Situation in Deutschland haben – auch in meinem Wahlkreis ist das so –: von den ländlichen Regionen bis hin zu den Ballungszentren. In attraktiven Ballungszentren, in die viele Menschen ziehen, wo Hochschulen gegründet werden und Studenten eine Wohnung suchen, wo ein bisher normales Viertel plötzlich zum Szeneviertel wird, gibt  es  die  Entwicklung,  dass  Mieten  exzessiv  erhöht werden,  ohne  dass  der  Eigentümer  diese  Erhöhung rechtfertigen  kann.  Das  stellt  dann  diejenigen,  die  aus beruflichen oder aus privaten Gründen eine neue Wohnung suchen, vor Probleme.

Genau da setzt die Mietpreisbremse wirkungsvoll an: Für die Dauer von fünf Jahren kann bei neuen Mietverträgen durch eine Verordnung des Landes die neue Miete auf eine Höhe von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete begrenzt werden. Das ist deshalb gut, weil die  Wohnung  kein  Renditeobjekt  ist,  sondern  weil  sie der Lebensmittelpunkt der Menschen ist, der Ausgangspunkt für ihre Kontakte, für ihre Freundschaften, für ihr soziales Umfeld. Die Wohnung ist ganz einfach ein Zuhause;  das  dürfen  wir  bei  der  ganzen  Diskussion  ums Mietrecht nicht vergessen.

Die Länder müssen nun tätig werden und Rechtsverordnungen  in  Kraft  setzen.  Dabei  sind  sie  nicht  völlig frei. Das ergibt sich aus der Verfassung; denn die Mietpreisbremse ist ein Eingriff in das Eigentum. Deshalb ist die Umsetzung an gewisse Hürden gebunden. Wir haben dafür gesorgt, dass diese Hürden unter bestimmten Vo-raussetzungen  genommen  werden  können.  Aber  das muss begründet und genauer untersucht werden.Wir  wissen  auch,  dass  die  Mietpreisbremse  nur  die Symptome kuriert. Letztendlich kann man weder Schulden  abwählen,  noch  durch  eine  Mietpreisbremse  den Marktmechanismus  aushebeln.  Deshalb  kann  sie  nur eine begrenzte Wirkung haben; das ist uns bewusst. Aber sie wird diese begrenzte Wirkung entfalten. Gleichzeitig darf sie die Ursachen nicht verschlimmern. Es ist bereits ausgeführt  worden:  Das,  was  den  Mietern  letztendlich wirklich hilft, ist ein breiteres Angebot an Wohnungen. Dann  haben  sie  die  Möglichkeit,  zu  wählen,  und  dann sind sie angesichts einer angedrohten Mieterhöhung seitens des Vermieters nicht erpressbar.

Deshalb  war  es  so  wichtig,  dass  wir  die  Mietpreisbremse nicht als Investitionsbremse ausgestaltet haben. Das haben wir durch die Aufnahme einer Ausnahmeregelung  für  Neubauten  und  durch  die  Aufnahme  einer weitgehenden Ausnahmeregelung bei umfassenden Renovierungen geschafft. An diesen Stellen haben wir die ursprünglichen  Vorschläge  aus  dem  Justizministerium entscheidend verbessert.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Auch  an  anderer  Stellen  haben  wir  Verbesserungen erzielt,  unter  anderem  bei  dem  schon  angesprochenen § 5  Wirtschaftsstrafgesetz,  den  der  Justizminister  aus dem  Gesetzbuch  streichen  wollte.  Unserer  Meinung nach war es nicht Sinn der Sache, eine begrenzte Mietpreisbremse einzuführen und gleichzeitig den allgemein und  unabhängig  von  weiteren  Vorgaben  geltenden  § 5 Wirtschaftsstrafgesetz  zu  streichen.  Das  war  einer  der Punkte, die wir von Anfang an vertreten haben, und das hat sich im Gesetzentwurf entsprechend niedergeschlagen.

Es ist jetzt Sache der Länder – am besten zusammen mit den Kommunen –, zu überlegen, wie sie die im Gesetzentwurf vorgesehenen fünf Jahre nutzen können, um die Situation für die Mieter zu verbessern. Dabei geht es um Maßnahmen wie die Erleichterung von Stellplatzanforderungen, die Erhöhung der Wohnungsbauförderung, die  verstärkte  Ausweisung  von  Bauland  und  teilweise auch die Förderung des öffentlichen Nahverkehrs, damit eventuell  auch  weiter  außerhalb  liegende  Wohngebiete an  Attraktivität  gewinnen  und  dadurch  die  Ballungsräume entlastet werden.

Der Gesetzentwurf ist aber wie jedes Gesetzesvorhaben in einer Großen Koalition ein Kompromiss. Uns tut es  leid,  dass  die  Mietpreisbremse  nicht  genutzt  wurde, um Mietspiegel verbindlich vorzuschreiben. Gerade auf angespannten  Wohnungsmärkten  wäre  das  ein  großer Vorteil. Denn wir stellen jetzt in jedem Fall eines neuen Mietvertrages Mieter und Vermieter vor die Frage, wie hoch die ortsübliche Vergleichsmiete ist, auf die maximal 10 Prozent aufgeschlagen werden dürfen. Das kann extrem streitanfällig sein, und es treibt die Menschen in teure  Gerichtsprozesse.  Ich  habe  selber  als  Richterin Mietprozesse geführt und weiß von daher, wie schwierig es ist, dabei zu einer verlässlichen Vergleichsgrundlage zu kommen.

Deshalb hätte es uns am Herzen gelegen, zu verbindlichen Mietspiegeln zu kommen. Wir wären auch zu den notwendigen  Übergangsfristen  bereit  gewesen.  Hier  ist eine Chance vertan worden. Trotzdem appelliere ich an die Kommunen, sich dort, wo es möglich ist, um aktuelle Mietspiegel zu bemühen.

(Beifall  bei Abgeordneten  der  CDU/CSU  sowie des Abg. Sven-Christian Kindler [BÜND-NIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben noch  einige  weitere  Vorhaben  im  Mietrecht  im  Koalitionsvertrag  vereinbart.  Insofern  ist  mein  nachdrücklicher  Appell,  dass  wir  das  im  Blick  behalten  und  die Investitionsanreize  erhalten.  Wer  eigenes  Geld  in  den Wohnungsneubau oder die Sanierung des alten Bestandes investieren soll, der hat ein legitimes Interesse daran, dass  dieses  Geld  irgendwann  eine  Rendite  abwirft.  Es gibt noch genügend andere Möglichkeiten, sein Geld zu investieren.  Es  gibt  dabei  eine  Korrelation:  Bei  hohen Renditen  nimmt  man  ein  höheres  Risiko  in  Kauf;  bei niedrigen  Renditen  nimmt  man  ungern  ein  Risiko  in Kauf. Wenn das dann auch noch mit einem hohen Aufwand verbunden ist, ist das nicht gut. Eine besonders ungünstige Kombination ist, wenn ein hoher Aufwand und ein hohes Risiko auf eine niedrige Rendite treffen. Deswegen müssen wir darauf achten, dass genau das beim Wohnungsmarkt nicht der Fall ist.

(Christian  Kühn  [Tübingen]  [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Sie sich mal die Zinsentwicklung angeschaut?)

Wenn wir die weiteren Vorhaben im Koalitionsvertrag angehen,  dann  müssen  wir  das  vermeiden.  Ich  denke zum Beispiel an die Amortisationsgrenze bei der energetischen Sanierung. Wir fordern die Menschen auf, in diesen  Bereich  zu  investieren,  aber  verdienen  sollen  sie nicht daran. Ich weiß nicht, ob das funktioniert. Damit sollten wir uns vielleicht noch einmal befassen.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Ich komme noch kurz zum Bestellerprinzip. Wir sorgen  damit  für  mehr  Fairness  in  dem  Dreipersonenverhältnis von Vermieter, Mieter und Makler. Wir alle kennen die Situation – wer sie nicht selbst erlebt hat, kennt sie vielleicht aus der Werbung –: Eine Wohnung wird als Ringeltäubchen angeboten. 20 bis 30 Interessenten stehen Schlange, aber derjenige, der das große Los gezogen hat,  kriegt  die  Wohnung  nur  dann,  wenn  er  mit  dem Makler, den er vorher noch nie gesehen hat, einen Vertrag abschließt. Das wollen wir ändern, und das schaffen wir auch mit der Neuregelung des Bestellerprinzips. Ein bisschen schade ist, dass das auch dann gilt, wenn die  Lage  nicht  so  eindeutig  ist,  und  dort  kann  es  eine hemmende Wirkung haben. Wir hätten die berechtigten und einstimmigen Hinweise des Bundesrates dazu aufgreifen und uns um eine kreative Lösung bemühen sollen.  Leider  gab  es  in  diesem  Punkt  auch  beim  Koalitionspartner wenig Bewegung.

Vizepräsident Peter Hintze: Stichwort  „kreativ“:  ein  kurzer  Blick  auf  die  Uhr, bitte.

Deshalb schließen wir mit der Mietpreisbremse heute ein  Projekt  ab,  das  das  soziale  Mietrecht  stärkt,  ohne Investitionsbremse zu sein. Wir schaffen damit den Rahmen.  Die  Länder  müssen  das  jetzt  mit Augenmaß  und Vernunft umsetzen. Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)


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