Anfrage zum Thema "Global Compact on Migration"

Sehr geehrte/r .,

Danke für Ihr Schreiben zum Global Compact on Migration.
Ich möchte vorausschicken, dass wir gerade seitens der Union das klare Ziel verfolgen, dass sich die Sondersituation des Sommers 2015 nicht wiederholt. Deshalb hat es seither etliche gesetzliche Reformen gegeben, die die Verfahren und Anforderungen in Bezug auf die Gewährung von Asyl oder Schutz nach der Genfer Flüchtlingskonvention beschleunigen bzw. verschärfen. 
Zuletzt wurde der Familiennachzug zu Angehörigen mit subsidiärem Schutzstatus sehr restriktiv, aber dennoch mit einer humanitären Komponente neu geregelt. Der viel diskutierte "Masterplan Migration" von Minister Seehofer sieht hier ein umfassendes Gesamtkonzept vor, das bei der Bekämpfung von Fluchtursachen in den Heimatländern ansetzt und über Verfahren, Entscheidung und Rechtsweg in Deutschland, bis zu Integration oder Rückführung den gesamten Bogen schlägt und hierzu weitere Maßnahmen vorsieht. Die Zahlen sind seit über zweieinhalb Jahren deutlich gesunken, so dass sie mit 2015 bei weitem nicht vergleichbar sind. Sie liegen heute etwa auf dem Niveau aus 2014.

Der Pakt ist ein erster Schritt, das Thema Migration international zu bearbeiten und zu lösen.
Solche internationale Lösungen sind für die deutsche Bundespolitik nichts Neues: das EU-Türkei-Abkommen, die Zusammenarbeit mit Libyen beim Küstenschutz oder mit Niger als Transitland sind Beispiele internationaler Kooperation Deutschlands mit anderen Staaten zur Steuerung von Migration.

Der Blick des GCM richtet sich dabei global auf die Situation von Migranten weltweit, die in vielen Transit- und Aufnahmeländern häufig tatsächlich menschenunwürdig behandelt werden und Not leiden. Denken Sie etwa an die Behandlung von Gastarbeitern beim Bau der Fußballstadien in Qatar, an afrikanische Flüchtlinge in Libyen oder an die venezolanischen Flüchtlinge in Brasilien. Hier ist es höchst sinnvoll, dass die Vereinten Nationen die Aufnahme-, Transit- und Zielländer in das "Wir" der Gemeinschaft der Staaten hinein nimmt und die Gemeinschaft der Staaten appelliert und entsprechende Vereinbarungen auf den Weg bringt, um den Menschen zu helfen. Der GCM beinhaltet keine Aufnahmezusagen.

Ich möchte an dieser Stelle auf den Aspekt der "Verbindlichkeit" bzw. Unverbindlichkeit des Pakts eingehen. Der GCM swahrt "die Souveränität der Staaten" wahrt (Ziffer 7); in den Leitprinzipien bekräftigt er ausdrücklich "das souveräne Recht der Staaten, ihre nationale Migrationspolitik selbst zu bestimmen, sowie ihr Vorrecht, die Migration innerhalb ihres Hoheitsbereichs in Übereinstimmung mit dem Völkerrecht selbst zu regeln" (Ziffer 15 lit. c). Der GCM weist damit ausdrücklich darauf hin, dass die Souveränität der Staaten unangetastet bleibt. Die Möglichkeit, die nationalen Grenzen zu schützen, wird ausdrücklich bestätigt. 

Im englischen Originaltext wird bei den Zielvereinbarungen des Paktes der Ausdruck "we commit to ." genutzt, der in der deutschen Übersetzung besser mit "wir bekennen uns" zu übersetzen wäre und in diesem Sinne einer Selbstverpflichtung entspricht. 

Würde Deutschland den Pakt nicht unterzeichnen, verlöre dieser selbstverständlich an Wert. Der Pakt appelliert ausdrücklich an die Herkunfts- und Transitstaaten ihre Standards bei der Bereitstellung einer Grundversorgung für Migranten und Flüchtlinge anzuheben, für menschenwürdigen Umgang zu sorgen und auch bei der Rücknahme zu kooperieren. 
Häufigstes Abschiebehindernis sind fehlende Papiere aus den Herkunftsstaaten. Hier hat das BMI die Zusammenarbeit mit vielen Herkunftsstaaten bereits intensiviert, trotzdem geht es in manchen Fällen nur schleppend voran. 
Eine Selbstverpflichtung zu diesem Vorhaben durch die Herkunftsländer, wie er ausdrücklich im GCM angesprochen wird wirkt sich positiv auf die deutsche Verhandlungsposition aus, wenn es um verbindliche Vereinbarungen mit den Herkunftsländern geht. In diesem Sinne kann und soll er damit der Anknüpfungspunkt für konkrete und verbindliche Vereinbarungen mit den Herkunfts- und Transitländern werden.

Wir können aber von Herkunfts- und Transitstaaten nur glaubwürdig auf eine Anwendung des GCM pochen, wenn wir uns selbst zu den Zielen des GCM bekennen. An dieser Stelle ist es erneut wichtig darauf hinzuweisen, dass Deutschland die Zielverpflichtungen des GCM bereits umfassend umsetzt. Migranten und Flüchtlinge haben bereits Zugang zu allgemeiner Versorgung, Gesundheitsversorgung, Bildung und Rechtsschutz. All das entspricht unserer eigenen Verfassung und Rechtslage, so dass hier - gerade im Vergleich zu anderen Ländern - kein Nachholbedarf besteht. Für Deutschland werden sich aus dem GCM keine unmittelbaren Veränderungen oder Pflichten ergeben.

Durch den Pakt lässt sich aber kein Staat zur Umsetzung der Selbstverpflichtung zwingen. Dennoch eröffnet eine solche Selbstverpflichtung der Herkunfts- und Transitstaaten eine Möglichkeit, den Druck zu erhöhen und begleitet von anderen diplomatischen Instrumenten die Kooperationsbereitschaft im Bereich Flucht und Migration zu verbessern.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Entscheidend ist, dass in Deutschland bereits jetzt gesichert ist, dass Flüchtlinge Zugang zu allgemeiner Versorgung, Gesundheitsversorgung, Bildung und Rechtsschutz haben. All das entspricht unserer eigenen Verfassung und Rechtslage, so dass hier - gerade im Vergleich zu anderen Ländern - kein Nachholbedarf besteht. Auf der anderen Seite ist uns ebenso wichtig, dass andere Herkunfts-, Transit- oder Zielländer ihre Standards anheben, aber auch bei der Vermeidung von Fluchtursachen und der Rücknahme und Reintegration von Rückkehrern ihre Hilfe leisten.
Anbei verlinke ich Ihnen den Text des Antrags der Koalitionsfraktionen, der gestern vom Deutschen Bundestag verabschiedet wurde: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/19/060/1906056.pdf 

Wie Sie sicher wissen, beraten wir derzeit außerdem über das vereinbarte Fachkräftezuwanderungsgesetz, das noch vor Weihnachten vom Kabinett verabschiedet werden sollen. Dabei kommt es uns als Union ganz besonders darauf an, falsche Anreize zu vermeiden und die Bedingungen klar zu formulieren, die für einen Arbeitsplatz und daran anknüpfenden Aufenthaltsstatus in Deutschland erforderlich sind. Wir wollen insbesondere Asylrecht und Aufnahme aus humanitären Gründen auf der einen Seite, und Erwerbsmigration auf der anderen Seite klar auseinanderhalten. Das wird auch dazu beitragen, falsche Erwartungen bei Migranten zu korrigieren. Daran wirke ich als rechtspolitische Sprecherin unserer Fraktion mit. Unser Koalitionspartner SPD, aber auch die Oppositionsparteien Bündnis90/Grüne und LINKE haben hier häufig weitergehende Vorstellungen. Auch deshalb ist es aus meiner Sicht wichtig, dass die Union weiterhin maßgeblich Verantwortung für Deutschland trägt.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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