Vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema „Staatstrojaner“, bzw. zur Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ). Ich halte die Quellen-TKÜ für ein unverzichtbares Instrument zur Bekämpfung von schwerer Kriminalität und Terrorismus. Die Straftaten im Katalog des § 100a StPO sind meines Erachtens nicht „fast alles“, sondern schwere Verbrechen, die meist im Bereich der organisierten Kriminalität begangen werden, etwa Drogen- und Menschenhandel, Zwangsprosititution etc.
Die bisher mögliche Telekommunikationsüberwachung (TKÜ), also das Abhören von Telefonaten und die Überwachung anderer Formen elektronischer Kommunikation, stößt vor allem beim Kampf gegen organisierte Verbrecherbanden und Terroristen an ihre Grenzen. Denn häufig bedienen sich diese ausschließlich verschlüsselter Kommunikationskanäle, etwa Skype oder Instant-Messengerdienste. Daher ist in einzelnen Fällen, die denen es um schwerwiegende Kriminalität oder Gefahren geht, die Kommunikationsüberwachung an der Quelle, also noch bevor die Kommunikation verschlüsselt wird nötig.
Uns ist bewusst, dass die Quellen-TKÜ als ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen nur in sehr gewichtigen Fällen und unter Beachtung hoher Hürden im Einzelfall zulässig sein kann. Daher sieht der Gesetzesentwurf hohe Anforderungen hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Anordnung solcher Eingriffe, der technisch zulässigen Maßnahmen, sowie eine wirksame Ausgestaltung der Kontrolle sowohl auf der Ebene des Gesetzes, als auch der Verwaltungspraxis vor. Besonders wichtig ist hier der Richtervorbehalt, ohne den nichts geht.
Bereits jetzt ist nach dem BKA-Gesetz im Kampf gegen den Terrorismus nach § 20k BKAG eine (präventive) Quellen-TKÜ möglich. Wie der Evaluationsbericht der Bundesregierung zeigt (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/130/1813031.pdf), wurden nur 5 (!) solcher Maßnahmen der Quellen-TKÜ zur Gefahrenabwehr angeordnet. Das zeigt, dass die Hürden für diesen Eingriff auch hier zu Recht sehr hoch sind und eingehalten werden. Ähnlich restriktiv und in jedem Einzelfall nachvollziehbar wird auch bisher die (einfache) Telekommunikationsüberwachung angewendet; hierüber berichten die Ermittlungsbehörden jährlich einem parlamentarischen Kontrollgremium, dem ich angehöre. Ich bin überzeugt, dass das auch für das neue Instrumentarium gelten wird. Sie können das in Zukunft auch selbst nachvollziehen, da über die Anwendung jährlich durch das Bundesamt für Justiz öffentlich berichtet werden wird.
In dieser Form halte ich die vorgesehenen Regelungen für erforderlich und in der Abwägung von Persönlichkeitsrechten auf der einen Seite, der Verantwortung des Staates für die Sicherheit der Menschen auf der anderen Seite, auch für verfassungskonform.
Freundliche Grüße
Elisabeth Winkelmeier-Becker