Die privatwirtschaftliche Vereinbarung aus rot-grünen Zeiten ist ohne Wirkung

Herr Präsident!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
 
Der Antrag der SPD fängt mit einer richtigen Feststellung an. Alles Wesentliche ist gesagt. Auch hier und heute ist vielfach wieder dargestellt worden, wie die Mechanismen zusammengreifen.
 
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt müssen Sie nur noch handeln!)
 
– Genau. In etlichen Forderungen stimmen wir überein, aber nicht in allen. Vor allem gehen Sie, denke ich, in den bürokratischen Anforderungen doch weit über das Ziel hinaus.
 
(Christel Humme [SPD]: Dann wird die Bürokratie bemüht, wenn man keine Argumente hat!)
 
Die Änderungen beim AGG, Verlängerungen der Einspruchsfrist, die Verbandsklage, längere Aufbewahrungsfristen und dergleichen werden, so glaube ich, nicht den Durchbruch für die Frauen bringen. Das bringt vor allem Mehraufwand und Rechtsunsicherheit.
 
(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der SPD)
 
Wenn Sie öffentliche Aufträge vor allem an Firmen vergeben wollen, die Gleichstellungspläne haben, dann müssen dafür Kriterien entwickelt werden. Wer soll das entscheiden? – Das muss dann wieder zertifiziert und geprüft werden. Ich glaube, auch das läuft sich ziemlich tot.
 
Sie schlagen vor, dass Betreuungsplätze – ihre Zahl ist knapp – vor allem für Kinder von Berufstätigen zur Verfügung gestellt werden sollen. Dazu sage ich, dass wir beim SGB VIII und den dortigen Regelungen bleiben.
 
(Caren Marks [SPD]: Der Rechtsanspruch gilt für alle!)
 
Danach soll vorrangig bedacht werden, wer einen Platz wegen der Berufstätigkeit der Eltern oder zur Persönlichkeitsentwicklung braucht. Wenn ein Kind einen Betreuungsplatz vor allem für die eigene Persönlichkeitsentwicklung braucht, dann soll es auch Vorrang haben. Ich glaube, das ist ein ganz wichtiges Kriterium, das nicht hinter den anderen zurückstehen sollte.
 
Was die Linken den Tarifparteien alles vorschreiben wollen, zeugt von einem ziemlich tiefen Misstrauen. Ich glaube, hier können wir den Tarifvertragsparteien durchaus mehr zutrauen.
 
(Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Wohlwollende Unterstützung ist das!)
 
Diese haben den Weckruf gehört und werden hier sicherlich etliches verbessern. Das sind Gründe, weswegen wir unter anderem Ihre Anträge nicht mittragen können, auch wenn sie viele Dinge enthalten, über die Konsens besteht.
 
Weil dies sicherlich der aktuell wichtigste politische Punkt ist, möchte ich noch einmal auf den Vorschlag eingehen, eine 40-prozentige Quote einzuführen. Dies haben auch die Grünen in einem Antrag verlangt, der heute nicht zur Debatte steht, der aber auch im parlamentarischen Verfahren ist. In der Tat, die privatwirtschaftliche Vereinbarung aus dem Jahr 2001 ist ohne Wirkung. Daran hat sich, seit wir im März zuletzt darüber gesprochen haben, nichts geändert. Deshalb ist meine Überzeugung durchaus, dass wir eine Quote brauchen und dass wir eine Quote bekommen.
 
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
 
Es war schon die Rede davon: Als Gruppe der Frauen in der Union haben wir uns für einen Stufenplan mit zunächst Berichtspflichten ausgesprochen, durch die eine Vergleichbarkeit hergestellt werden soll. Ich glaube, wir erwischen die Unternehmen wirklich am Nerv, wenn zum Beispiel im Handelsblatt oder im manager magazin eine übersichtliche Tabelle steht, aus der sich ganz klar ergibt, wer hier vorn liegt und wer nicht.
 
Wir wollen aber auch, dass das in eine verbindliche Quote mündet. Auch Staatsministerin Böhmer hatte das vorgeschlagen. Davon war schon die Rede. Unser Konzept sieht vor, dass wir im nächsten Wahlturnus auf eine Zielmarke von 30 Prozent kommen wollen. Wenn das nicht freiwillig gelingt,
 
(Caren Marks [SPD]: Das ist doch vergeudete Zeit! – Christel Humme [SPD]: Schreiben Sie das in das Gesetz? Machen Sie das wie die Norweger?)
 
dann erfolgt die verbindliche Vorgabe für den übernächsten Wahlturnus. Wir müssen die Wahlturnuszeiten mit in Rechnung stellen und deshalb bald beginnen.
 
Auch das ist kein Geheimnis: Wir haben in der Tat das Problem und die Aufgabe, dafür in der eigenen Partei Mehrheiten zu finden.
 
(Christel Humme [SPD]: Da wünsche ich Ihnen viel Glück!)
 
Ich glaube, diese Situation kennen Sie sehr gut. Denken Sie an das Jahr 2001 zurück. Da waren die Frauen in der rot-grünen Koalition auch auf einem anderen Weg. Es ist schon Legende, dass damals bei Zigaretten und Wein die freiwillige Vereinbarung mit der Privatwirtschaft gekippt und abgemildert wurde.
 
(Zuruf von der CDU/CSU: So ist es!)
 
Von daher wissen wir alle, wovon wir sprechen.
 
Wir machen uns in unserer Fraktion aber optimistisch auf den Weg. Daraus erklärt sich auch die Zahl. Wenn man mit einer moderaten Zahl letztendlich erreicht, dass etwas Wirklichkeit wird, dann sind mir 30 Prozent real lieber als 40 oder 50 Prozent auf dem Papier. Die Quote wäre eine einfache und unbürokratische Regelung. Sie nützt den Unternehmen; denn den Unternehmen nützt alles, was den Horizont und die Perspektive der homogenen Gruppen, die jetzt in den Vorständen und Aufsichtsräten sitzen, erweitert.
 
Jetzt gibt es zwei Gruppen, die sich offenbar nicht so gut mit dem Gedanken an die Quote anfreunden können: zum einen die Männer, die dann vielleicht etwas Platz machen müssen und deshalb am liebsten gar nichts ändern wollen,
 
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Und die FDP!)
 
zum anderen Frauen, häufig junge Frauen, die meinen, dass die nötigen Veränderungen auch ohne Quote zu erreichen wären. Beide kommen uns mit dem Argument: Qualität und Kompetenz setzen sich auch so durch.
 
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber die Frauen sind qualifiziert!)
 
Das würde stimmen, wenn Qualität und Kompetenz als alleinige Kriterien gelten würden. Wir wissen aber, dass auch andere Kriterien gelten: Seilschaften, Loyalitätsbeweise, Tauschgeschäfte und dergleichen.
 
(Caren Marks [SPD]: Wenn sich Qualität durchgesetzt hätte, wäre Frau Schröder nicht Ministerin!)
 
Nun sagen junge Frauen auch: Wir brauchen vor allem Kinderbetreuungsmöglichkeiten und eine andere Präsenzkultur. Das stimmt, das stimmt aber auch unabhängig von der Quote, neben der Quote und auch ohne die Quote. Aber das reicht nicht. Es geht doch nicht darum, die heute 30-Jährigen neben die 50-jährigen Männer in den Aufsichtsräten zu setzen. Es geht um die Frauen, die heute in der Lage wären, die Aufgaben zu übernehmen. Für diese ist Kinderbetreuung in der Regel überhaupt kein Thema mehr.
 
Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse:
Frau Kollegin, Sie müssen bitte zum Ende kommen.
 
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU):
Deshalb brauchen wir die Quote. Wir wollen, dass das zeitnah geht. Deshalb bleiben wir am Thema Quote dran. Das ist versprochen.
 
Danke schön.

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