Die Einrichtung des Hilfetelefons ist ein sehr wichtiges Signal an die Frauen in unserem Land, die von Gewalt betroffen sind. Es wird ihnen den Zugang zu Beratung und Hilfeangeboten deutlich erleichtern. Es wird ein kostenloses Angebot auf Erstberatung und Information über Hilfemöglichkeiten zu allen Formen von Gewalt gegen Frauen vorhalten. Das Hilfetelefon ist damit ein wichtiger Baustein im Bemühen, Gewalt an Frauen zu bekämpfen. Ab 2013 wird es möglich sein, das bundesweite Hilfetelefon in Betrieb zu nehmen.
Damit setzen wir ein zentrales Vorhaben in dieser Legislaturperiode im Kontext Gewalt gegen Frauen um. Die christlich-liberale Koalition hält mit der Umsetzung dieses Gesetzes ihr Versprechen, Frauen besser vor Gewalt zu schützen. Auch die Verpflichtung durch die neue Europaratskonvention zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häusliche Gewalt setzen wir damit um.
Eine Studie des BMFSFJ besagt, dass Frauen aller Altersgruppen, Schichten und ethnischen Zugehörigkeiten in Deutschland in hohem Maße von Gewalt betroffen sind. 40 Prozent der in Deutschland lebenden Frauen haben körperliche oder sexuelle Gewalt mindestens einmal im Lebenslauf erlebt, oftmals durch den eigenen aktuellen oder ehemaligen Partner; sie erleben oft schwere oder lebensbedrohliche Gewalt. Es ist wichtig, dass diese traumatisierten, gedemütigten Frauen Hilfe bekommen.
Trotz des bestehenden Hilfesystems in Deutschland kommen dort aber nur circa 20 Prozent der Frauen an. Ein Großteil der Frauen findet im entscheidenden Moment keine Hilfe; ein entscheidender Grund ist, dass die Unterstützersysteme zu wenig bekannt sind oder nur zu begrenzten Öffnungszeiten erreichbar. Hier setzt das Hilfetelefon an als niedrigschwelliges, jederzeit zu erreichendes Angebot, das 24 Stunden am Tag jederzeit kostenlos und barrierefrei zu erreichen ist. Die Frauen benötigen zur ersten Orientierung häufig eine Stelle, an die sie sich jederzeit, auch anonym, wenden können.
Das Hilfetelefon richtet sich aber nicht ausschließlich an Betroffene, sondern ist auch ein Angebot an Menschen aus dem Umfeld der betreffenden Frauen, zum Beispiel Verwandte, Freunde und Kollegen oder Kinder, die miterleben müssen, wie die Mutter geschlagen wird, Menschen, die gewaltbetroffenen Frauen helfen wollen. Auch hier bietet das Telefon Unterstützung. Das Hilfetelefon ist für alle Menschen zugänglich, die Frauen in ihrer Notsituation helfen wollen. Das vergrößert die Chancen, auf den gesamten Kontext der Gewalt einwirken zu können.
Als eigenes Unterstützungsangebot ergänzt das bundesweite Hilfetelefon die Einrichtungen, die auf Länder- und kommunaler Ebene agieren. Das Hilfetelefon soll eine Erstanlaufstelle sein und dann eine Lotsenfunktion übernehmen. Das heißt, der anrufenden Person werden geeignete Hilfen und Unterstützungsangebote in Wohnortnähe oder, wenn Distanz sinnvoller ist, in ganz Deutschland angeboten. Es übernimmt damit eine wichtige Brückenfunktion in das bestehende Hilfesystem. Damit werden auch die Beratungsstellen entlastet, weil die Frau dann direkt bei der richtigen Stelle ankommt. Damit wird auch die wichtige Rolle der Unterstützungseinrichtungen vor Ort gestärkt; es wird sichtbarer werden, was diese leisten. Es ist zu erwarten, dass ein Erfolg des Hilfetelefons auch eine Steigerung der Nachfrage nach Unterstützungsangeboten vor Ort hervorbringen wird, zum Beispiel auch die Nachfrage nach Plätzen in Frauenhäusern.
Wir hatten im Koalitionsvertrag deshalb neben der Einrichtung der bundesweiten Hilfenummer auch einen Bericht zur Lage der Frauenhäuser vereinbart. Das Bundesministerium für Familie hat dazu Gutachten in Auftrag gegeben: zum einen zu einer Bestandsaufnahme zum bestehenden Hilfesystem und auch zum verfassungsrechtlichen und sozialrechtlichen Hintergrund. Diese Gutachten werden aller Voraussicht nach bis zum Ende des Jahres vorliegen. Sobald die Auswertung dazu erfolgt ist – dies soll nach meiner Information im ersten Quartal 2012 der Fall sein –, wird die Frage nach einer nachhaltigen Finanzierung der Frauenhäuser erneut zu diskutieren sein. Solange es Gewalt gegen Frauen gibt, brauchen wir Frauenhäuser. Ich hoffe, dass wir zukünftig zu einer Lösung kommen können, die den Frauenhäusern mehr Planungssicherheit gibt.
Das Thema Gewalt gegen Frauen muss in der gesellschaftspolitischen Debatte eine viel größere Rolle spielen. Mit dem bundesweiten Hilfetelefon wird ein neues öffentliches Signal zur Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen gesetzt. Es ist gut, dass das Hilfetelefon mit kontinuierlichen Kampagnen einer bereiten Bevölkerung bekannt gemacht werden soll und auf diesem Weg öffentlichkeitswirksam zur weiteren Enttabuisierung des Themas Gewalt gegen Frauen in all ihren Formen beitragen kann.
Das Hilfetelefon ist mit einem umfassenden Etat ausgestattet: 3,1 Millionen Euro sind für den Aufbau des Hilfetelefons im Jahr 2012 vorgesehen. Für den Vollbetrieb ab 2013 sind circa 6 Millionen Euro pro Jahr veranschlagt. Dadurch soll der Bestand auf Dauer abgesichert werden.
Das Hilfetelefon soll unter dem Dach des Bundesamtes für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben angesiedelt werden. Hier kann die vorhandene Infrastruktur und vorhandenes qualifiziertes Personal für technische und Verwaltungsaufgaben genutzt werden. Entscheidend für den Erfolg der Helpline ist letztlich die Qualität der Beratung, das heißt die Kompetenz der Beraterinnen. Sie müssen sowohl über breite berufliche als auch menschliche Kompetenzen verfügen, um den Frauen in ihrer schwierigen Situation weiterhelfen zu können. Es wird davon ausgegangen, dass circa 80 bis 90 Stellen für Beraterinnen, Leitung und Verwaltung des Hilfetelefons benötigt werden.
Alle bisher eingegangenen Stellungnahmen der Fachverbände beurteilen den Gesetzentwurf durchweg positiv und signalisieren Unterstützung für die Einrichtung und den Betrieb des Hilfetelefons. Mit der baldigen Umsetzung ist ein weiterer wichtiger Meilenstein im Bemühen, Gewalt an Frauen abzubauen, erreicht.