Entscheidende Verbesserung bei der örtlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte

Ich möchte die Ergänzungen des Gerichtsverfassungsgesetzes in den Fokus meines Beitrags stellen, die der Rechtsausschuss in das Verfahren eingebracht hat und die das heute zu verabschiedende Gesetz als „Omnibus“ nutzen, um bereits Änderungen des vor kurzem verabschiedeten Gesetzes über den Rechtschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vorzunehmen.

Neben vielen richtigen Regelungen in dem Gesetz, mit dem wir ein Rechtsmittel bei unverhältnismäßig lang andauernden Verfahren geschaffen haben, konnte in einem wesentlichen Punkt leider nicht die aus Sicht meiner Fraktion optimale Lösung erzielt werden. Von Anfang an hatten wir Bedenken gegen die örtliche aus-schließliche Zuständigkeit des Oberlandesgerichts am Sitz der Landesregierung auch für Verfahren im Bereich anderer Oberlandesgerichte des jeweiligen Bundeslandes.

Die Reaktionen aus den Ländern mit zwei oder mehr Oberlandesgerichten – ich hatte es in meiner Rede am 29. September 2011 angesprochen – waren ausnahmslos ablehnend. Auch war es aus meiner Sicht nicht nachvollziehbar, warum bei der Beurteilung der Überlänge eines Verfahrens der ersten oder zweiten Instanz die Grenzen des OLG-Bezirks verlassen werden sollten. Schließlich entscheiden auch sonst die Oberlandesgerichte als Berufungs- oder Revisionsinstanz über Entscheidungen der jeweiligen Gerichte ihrer Bezirke. Den entsprechenden „Gleichlauf der Verfahren“, den der Bundesrat hier anmahnt, halte ich für ein überzeugendes Argument. Die vom Entwurfsverfasser ursprünglich angestrebte Einheitlichkeit der Rechtsprechung wird meines Erachtens hinreichend durch die auf Ebene des BGH angesiedelten Fachgerichte gewährleistet. Das dadurch bei den Gerichten entstandene Unbehagen und Unverständnis ist mehrfach – zumeist am Beispiel der Badener und der Württemberger Justiz – sowohl im Ausschuss, aber auch in sonstigen kollegialen Gesprächen und Schreiben, mal mit rein sachlichen Argumenten, mal auch mit einem erkennbaren Schmunzeln erörtert worden. Leider war es trotzdem im parlamentarischen Verfahren und unter dem bestehenden Zeitdruck angesichts der Fristsetzung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zunächst nicht konsensfähig, zu der nun getroffenen guten Lösung zu kommen, obwohl noch in der letzten Sitzung des Rechtsausschusses vor der Verabschiedung um eine gute Lösung gerungen worden war.

Die entsprechende Bundesratsstellungnahme hat die Bundesregierung nun zum Anlass genommen, nachträglich einige wenige Verbesserungen einzubringen. Da der entsprechende Kompromiss mit den Ländern erst nach Verabschiedung des oben genannten Gesetzes gefunden wurde und sich die Einführung eines Rechtsmittels gegen überlange Gerichtsverfahren nicht verzögern sollte, bin ich dankbar, dass wir mit dem ebenfalls eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Besetzungsreduktion der Großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung in ein parlamentarisches Verfahren gefunden haben, das es uns erlaubt, im Regelungszusammenhang des Gerichtsverfassungsgesetzes die Änderung nachträglich vorzunehmen. „Geht doch, warum nicht gleich so“, möchte man sagen, denn neben den besseren Argumenten war bereits damals die Einstellung der Länder zu diesem Punkt bekannt, der Änderungsbedarf daher absehbar; eine Entscheidung des Parlaments aus einem Guss im Zuge der Verabschiedung des Gesetzes wäre sicher überzeugender gewesen, als die erste Nachbesserung des Gesetzes noch vor der Verkündung im Bundesanzeiger.

Zwei weitere Änderungen werden auf Betreiben des Bundesrates eingefügt: Das Mitwirkungsverbot der Gerichtspräsidenten und ihrer ständigen Vertreter wird gestrichen. Die seitens der Länder geäußerte nachvollziehbare Sorge, dass mit solch einer Ausschlussregelung Misstrauen innerhalb der Gerichte Vorschub geleistet werde, ist damit aus der Welt. Die in Zukunft erforderlich werdende Trennung zwischen Dienstaufsicht und Entschädigungsangelegenheiten kann der Organisationsautonomie der Gerichte und damit den Geschäftsverteilungsplänen überlassen werden.

Dritter Bestandteil des mit den Ländern gefundenen Kompromisses ist die gesetzliche Einschränkung, dass ein Privatkläger im Strafverfahren keinen Entschädigungsanspruch für Überlängen im Verfahren hat. In der Tat ging diese Regelung über die Vorgaben des EGMR hinaus; die Streichung liegt damit in der Tendenz, das neue Rechtsmittel nicht zu einer ausufernden neuen – und damit letztlich gerade kontraproduktiven – Belastung der Gerichte werden zu lassen. Ob dies in der Praxis zu deutlich anderen Fallzahlen führen wird, als es die ursprüngliche Regelung getan hätte, kann hier dahingestellt bleiben.

Wichtig ist, dass mit diesem Kompromiss der Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren nun ohne weitere Verzögerung in Kraft treten kann; erfreulich ist, dass wir dies mit einer entscheidenden Verbesserung bei der örtlichen Zuständigkeit der Oberlandesgerichte verbinden konnten.

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