Thema Entgeltgleichheit steht bei uns auf der Prioritätenliste

Frau Präsidentin!
Sehr geehrte Frau Ministerin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
 
Das CEDAW-Abkommen von 1979 und die alljährlichen Berichtspflichten dazu sind für uns noch einmal ein willkommener Anlass zur kritischen Selbstreflexion.
 
(Angelika Graf [Rosenheim] [SPD]: Alle vier Jahre!)
 
– Das ist der sechste Bericht nach 30 Jahren. Gut, das sind alle fünf Jahre. Der nächste Bericht erscheint 2014, also in fünf Jahren. In diesem Rahmen spielt sich das ab.
 
Wir sind heute sicher einen großen Schritt weiter als zu dem Zeitpunkt, den auch Michaela Noll ansprach, an dem das Grundgesetz hier beschlossen wurde. Damals musste noch um den Satz „Männer und Frauen sind gleichberechtigt“ in unserer Verfassung gekämpft werden. Die Mütter des Grundgesetzes haben den Kampf auf sich genommen und das auch durchgesetzt. Ich glaube, dass sich nicht alle, die das damals mitgetragen und dem zugestimmt haben, bewusst waren, welche Tragweite dieser Satz haben würde, durch den in der Folge wesentliche Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und wesentliche Änderungen in der Gesetzeslage hervorgerufen wurden, mit denen die Vorrechte der Männer beseitigt wurden.
 
(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP sowie der Abg. Dr. Thea Dückert [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])
 
Heute geht es mir um die De-facto-Gleichstellung. Dieses Thema hat eine große Bandbreite. Ich brauche hier nur auf die Vorredner und -rednerinnen zu verweisen, die hier viele Themen angesprochen haben, die zu diesem Bereich gehören.
 
Vielleicht noch kurz zu dem, was wir getan haben. Ich glaube, wir haben in der Zeit der Großen Koalition durchaus einiges erreicht, was sich auch international vorweisen lässt: das einkommensabhängige Elterngeld mit den Partnermonaten, die U3-Betreuung, die Wiedereinstiegshilfen nach einer Familienphase und Initiativen wie den Girls’ Day oder die MINT-Initiative der Bundesministerin für Bildung und Forschung.
 
(Elke Ferner [SPD]: Die gab es schon zu unserer Regierungszeit!)
 
Durch die Anhörung zur Entgeltgleichheit wurde gezeigt, dass diese Themen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf im Lebenslauf und die Stereotypen bei der Berufswahl, die entscheidenden Stellschrauben sind, um an dieser Stelle für die Frauen etwas zu verbessern.
 
(Beifall bei der CDU/CSU – Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Anhörung haben Sie den drei Oppositionsfraktionen zu verdanken!)
 
– Ich habe damit überhaupt kein Problem.
 
Man muss bedenken, welche Schritte wir von vor 60 Jahren bis heute gemacht haben.
 
(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)
 
Viele Parteien und Regierungskoalitionen waren dafür verantwortlich.
 
(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Gefällt Ihnen das nicht, Frau Schewe-Gerigk?)
 
Ich denke, wir können vieles auch als gemeinsamen Erfolg ansehen.
 
Aber wir müssen uns vor allem damit befassen, was wir in Zukunft zusammen anpacken wollen. Dabei ist, denke ich, auch zu dem Thema Entgeltgleichheit, zu dem es die große Anhörung gegeben hat, einiges klar geworden. Es gibt etliche Analysen, die wir gemeinsam tragen. Aber wir streiten an dieser Stelle noch, mit welchem Maß an Zwang oder freiwilligen Anreizen wir zu Änderungen beitragen wollen. Das werden wir sicherlich noch weiter diskutieren müssen.
 
Wir dürfen uns auf der einen Seite über das ausdrückliche Lob des CEDAW-Ausschusses über die Einführung des Elterngeldes, den Ausbau der Kinderbetreuung und einige andere positive Anmerkungen freuen. Aber wir müssen auf der anderen Seite auch die Kritik ernst nehmen. Ich glaube, dass wir uns nicht davor scheuen müssen. Es liegt auch eine Chance darin. Diese Kritik ist auch dem Respekt gegenüber den Vereinten Nationen, dem Ausschuss und seinen Anmerkungen geschuldet.
 
Die Distanz, mit der die Vereinten Nationen auf unsere bundesdeutsche Politik schauen, ist sowohl eine Stärke als auch eine Schwäche der Kritik. Sie ist einerseits eine Stärke, weil aus der Distanz unsere parteipolitischen Reflexe, die unsere Diskussionen manchmal überlagern, keine Rolle spielen und man sich auch im internationalen Vergleich einen offeneren, unbefangeneren Blick auf andere Ideen und Maßstäbe gönnen kann. Wenn man andererseits aber in die Details geht, dann zeigt die Kritik auch, dass man innerhalb der Vereinten Nationen die typisch deutschen Besonderheiten nicht ganz im Blick hat.
 
Mir ist zum Beispiel aufgefallen, dass das deutsche Unterhaltsrecht mit der Begründung kritisiert wurde, es könne nicht angehen, dass nach dem dritten Geburtstag eines Kindes der Unterhaltsanspruch entfalle und es außerdem auch keine angemessenen Rechtsbehelfe für die betroffenen Frauen gebe. Das geht an der Rechtslage völlig vorbei.
 
(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Richtig!)
 
Darauf muss ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. Es zeigt, dass wir nicht alles eins zu eins umsetzen müssen. Wir müssen aber die Kritik ernst nehmen und sehr genau prüfen, welche Anregungen für unsere deutsche Politik infrage kommen und was wir davon übernehmen wollen.
 
(Beifall bei der CDU/CSU)
 
Das Thema Entgeltgleichheit, das dem CEDAW-Ausschuss große Sorgen macht,
 
(Irmingard Schewe-Gerigk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]: Uns auch!)
 
steht bei uns auf der Prioritätenliste; dort gehört es auch hin. Einzelne Punkte – zum Beispiel, das CEDAW-Abkommen bekannt zu machen – können wir sicherlich in Angriff nehmen. Wir müssen prüfen, ob die Antidiskriminierungsstelle gerade auch im Hinblick auf die Rechte von Frauen effizient arbeitet. Wir müssen solche deutschen Sonderprobleme in Angriff nehmen wie die Frage, wie wir die Länder stärker in einen verbindlichen Prozess mit einbeziehen können.
 
Wir müssen die Bedenken kritisch prüfen und entweder klarmachen, warum wir anderer Meinung sind, oder Lösungsansätze entwickeln, bis wir in fünf Jahren den nächsten Bericht vorlegen müssen.
 
(Elke Ferner [SPD]: Und genauso schlau sind wie heute!)
 
Dass dazu auch die Aufwertung des Internationalen Frauentages zu einem gesetzlichen Feiertag gehört, ist allerdings auch dem CEDAW-Ausschuss nicht in den Sinn gekommen.
 
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Die kannten unseren Antrag nicht!)
 
Mehr Beteiligung und Einfluss von Frauen in allen Positionen – auch in führenden Positionen – in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft werden zu einer Win-win-Situation für die Frauen führen, die dann mehr erreichen und sich besser einbringen können, aber auch für die Männer, die sich auch einmal um etwas anderes kümmern können, und für die Unternehmen, die eine breitere Fachkräftebasis brauchen.
 
Vizepräsidentin Dr. h. c. Susanne Kastner:
Frau Kollegin, ich darf Sie an Ihre Redezeit erinnern.
 
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU):
Ich komme zum Schluss. – Das ist hier schon verschiedentlich angeklungen: Wir müssen auch darüber nachdenken, ob es eine weltweite Finanzkrise in diesen Dimensionen gegeben hätte, wenn es in der Finanzbranche mehr Frauen in führenden Positionen gäbe. Darüber sollten wir alle nachdenken.
 
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
 
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP)

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