Rede zum Haushalt des Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und des Bundesverfassungsgerichts
Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Liebe Zuhörer! Der Haushalt, über den wir in dieser Woche sprechen, ist sehr erfreulich. Seit meiner Kindheit ist das der erste ausgeglichene Haushalt. Jeder Politikbereich leistet seinen Beitrag dazu, darunter auch unserer. Der Haushalt unseres Ministeriums zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass er der kleinste ist, zum anderen dadurch, dass er die höchste Deckungsquote hat. Auch in dieser Hinsicht ist er ein Vorbild; andere Ressorts können ja einmal versuchen, an unsere Quoten heranzukommen. Die Größe unseres Haushaltes steht aber natürlich in keinem Verhältnis zur wahren Bedeutung unseres Politikbereichs; das muss man hier einmal sagen. Das zeigt, dass es in der Tat nicht immer nur auf das zur Verfügung stehende Geld ankommt, wenn es darum geht, gute Politik zu machen.
Wenn ich Schülergruppen erkläre, was Politik macht, dann nenne ich zwei Punkte: Der eine wesentliche Punkt von Politik ist, zu entscheiden, woher wir das Geld bekommen und wofür wir es ausgeben, von wem wir Steuern einnehmen und was uns so wichtig ist, dass wir dafür Geld ausgeben. Der andere wesentliche Punkt ist, welche Regeln wir für das Zusammenleben der Menschen untereinander oder für das Verhältnis der Bürger zum Staat aufstellen. Das ist nichts, was kostet, aber etwas, das gut austariert und gerecht gestaltet werden muss. Das ist unsere Aufgabe. Das ist die Domäne der Rechtspolitik. Wir kommen also mit wenig Geld aus, um gute und auch weitreichende Politik zu machen.
Unser Haus und unser Haushalt müssen gewährleisten, dass die Justiz funktioniert. Das gilt auch für die obersten Bundesgerichte. Ich nutze hier die Gelegenheit, um der neuen Präsidentin des BGH, die in den vergangenen Tagen ihre Urkunde erhalten hat und ihre Aufgabe ab Juli wahrnehmen wird, zu gratulieren und eine glückliche Hand zu wünschen für ihre wichtige Aufgabe an der Spitze der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Deutschland. Also: Herzlichen Glückwunsch, Frau Bettina -Limperg, als neue BGH-Präsidentin und hoffentlich starke Frau in einer Führungsposition in Deutschland.
(Beifall)
In diesem Zusammenhang ein Punkt, der haushaltsrelevant sein kann. Wir haben als Gesetzgeber vor drei Jahren völlig zu Recht ein Rechtsmittel gegen Zurückweisungsbeschlüsse in der Berufung nach § 522 ZPO eingeführt. Das hat zu deutlich mehr Aufwand geführt. Es gab viele zusätzliche Nichtzulassungsbeschwerden beim BGH. Wir müssen uns genauer anschauen, wie wir dem begegnen können, damit die Rechtsprechung am BGH nicht darunter leidet, dass wir mit unserer Maßnahme dazu beigetragen haben, dass die Fallzahlen sehr gestiegen sind.
Den größten Aufwuchs in unserem Bereich hat der Verbraucherschutz; darauf komme ich gleich zurück. Wir werden dort neue Strukturen schaffen und werden das finanziell unterlegen.
Vor allem gibt uns die Haushaltsdebatte die Gelegenheit, um einige Punkte generell anzusprechen und auf einige Vorhaben einzugehen; meine Vorredner haben das ja schon getan.
Ich möchte mit einem Thema anfangen, das mir besonders am Herzen liegt, und auf Papst Franziskus verweisen. Er hat nämlich in dieser Woche in Süditalien der Mafia für ihre kriminellen Machenschaften im organisierten Verbrechen die Exkommunikation angedroht. Nun ist die Exkommunikation sicherlich das Monopol des Papstes, aber auch wir können etwas tun, um ma-fiöse Strukturen, die bei uns existieren, trockenzulegen und zu bekämpfen. Da sehe ich unsere dringende Aufgabe, und zwar vor allem im Bereich Menschenhandel und Zwangsprostitution.
Es ist schwer auszuhalten, dass viel Zeit ins Land gegangen ist, seit wir dieses Problem erkannt haben und immer wieder mit Vorschlägen kommen, um das sicherlich nicht einfache Regelwerk, dessen Ausarbeitung wir zu leisten haben, dann doch endlich auf den Weg zu bringen. Wir müssen rasch gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution vorgehen und beides konsequent bekämpfen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Es darf nicht sein und es betrübt mich wirklich, dass gerade in Deutschland dieses Feld für die Hintermänner so lukrativ ist. Das müssen wir bekämpfen. Diesem Geschäftsmodell muss mit verschiedenen Maßnahmen der Boden entzogen werden. Ich denke, wir müssen zu einer behördlichen Erlaubnispflicht kommen. Wir müssen bessere Kontrollbefugnisse haben. Wir müssen klarstellen, dass es kein Weisungsrecht von Zuhältern gibt und dass diese den Prostituierten bei ihrer Berufsausübung keine Einzelheiten vorgeben können. Das muss klargestellt werden. Das darf es nicht geben.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)
Auch an die Freier wollen wir heran, an die, die wissentlich und willentlich ausnutzen, dass eine Frau zu sexuellen Handlungen gezwungen und missbraucht wird. Da muss auch das Strafrecht nachjustiert werden. Natürlich brauchen wir dazu auch klare Maßstäbe. An der Stelle bestehen Schutzlücken, die wir schließen müssen. Genauso müssen wir uns aber auch mit Ausstiegshilfen und einer Verbesserung des Aufenthaltsrechts beschäftigen. Wir müssen das alles konsequent aus dem Blickwinkel der Opfer von Menschenhandel betrachten und zügig angehen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Ich muss sagen: Der Zeitplan, der bisher zu diesem wichtigen Projekt vorgelegt worden ist, erscheint mir noch nicht ambitioniert genug. Lassen Sie uns das schneller umsetzen, und lassen Sie uns andere Dinge, die vielleicht nicht so wichtig sind, so weit auch zurückstellen. Ich denke da auch an die Reform der Gesetzgebung zu Mord und Totschlag. Das ist sicherlich sinnvoll, aber vielleicht nicht so dringlich.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich möchte eingehen auf die schon angesprochene Mietpreisbremse. Ich sage und verspreche: Sie kommt, und sie wird gut.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Dr. Eva Högl [SPD]: Wir nehmen Sie beim Wort!)
Wir werden dafür sorgen, dass sie funktioniert. Wir wissen: Es ist für Menschen, gerade in Regionen, wo die Mieten sehr schnell steigen, schwierig, einen Wohnungswechsel zu finanzieren. Dieses Problem müssen wir angehen, aber wir müssen es an der Wurzel packen. Wir wissen: Die Mietpreisbremse ist ein Instrument, das die Symptome bekämpft. Wurzel des Übels steigender Mieten ist dagegen die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt, die Tatsache, dass zu wenig Wohnraum zur Verfügung steht. Deshalb muss jede Landesregierung, die sagt: „Wir haben hier einen angespannten Wohnungsmarkt, deshalb brauchen wir die Mietpreisbremse“, überlegen, wie denn bei auslaufender Mietpreisbremse ein Zustand erreicht werden kann, bei dem der Wohnungsmarkt besser und entspannter ist und bei dem es mehr Angebot gibt. Für uns ist ganz klar: Das eine muss mit dem anderen verbunden werden. Wer sagt, dass wir eine Mietpreisbremse brauchen, der muss auch sagen, mit welchen Maßnahmen er die Ursachen für steigende Mieten bekämpfen will. Schließlich müssen wir dafür sorgen, dass die Mietpreisbremse auch praktikabel ist. Wenn Mieter und Vermieter ihre Vereinbarungen an einer Vergleichsmiete ausrichten sollen, dann muss auch irgendwo klar und einfach definiert sein, was diese Vergleichsmiete ist, sonst treiben wir die Parteien nur vor Gericht, in teure und ungewisse Verfahren. Damit ist am Ende niemandem gedient, weder den Mietern noch den Vermietern. Deshalb muss in das Gesetz eine klare Regelung dazu aufgenommen werden, was der Vergleichsmaßstab ist und wie er ermittelt und definiert werden kann.
Meine Damen und Herren, die Union steht für eine mittelstandsfreundliche Rechtspolitik. Wir haben im Koalitionsvertrag etliche Punkte dazu vereinbart, insbesondere wollen wir im Insolvenzrecht Änderungen herbeiführen. Wir brauchen mehr Planungssicherheit für diejenigen, die einem Vertragspartner auch in einer schwierigen Situation zum Beispiel Zahlungsaufschub geben, die sich auf Ratenzahlungen einlassen. Das wollen wir doch, weil damit häufig auch eine Durststrecke überwunden werden kann und sich der Vertragspartner wieder fängt. Das darf aber nicht dazu führen, dass man bis zu zehn Jahre später noch damit rechnen muss, dass diese Zahlungen angefochten werden können. Hier brauchen wir mehr Sicherheit für die Geschäftspartner. Die jetzige Regelung ist schädlich. Erwünschtes Verhalten wird nicht praktiziert; das darf nicht riskiert werden.
Schon in der nächsten Woche finden die zweite und dritte Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr statt. Die Verabschiedung dieses Gesetzesentwurfs ist ein wichtiger Beitrag dazu, die Zahlungsmoral zu stärken. Dies stärkt auch die Liquidität der mittelständischen Betriebe. Sie müssen nämlich schnell an ihr Geld kommen, um nicht auf Zwischenfinanzierungen angewiesen zu sein. So können Insolvenzen in diesem Bereich vermieden werden.
Ministerin Schwesig und Minister Maas werden demnächst einen Gesetzentwurf zur Frauenquote vorlegen. Ich darf sagen, dass ich mich sehr darüber freue, dass wir das jetzt auf den Weg bringen.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)
Wir werden dafür sorgen, dass dieses Gesetz so ausgestaltet wird, dass die Betriebe damit umgehen können.
Vizepräsidentin Claudia Roth:
Frau Kollegin, Sie denken an die Redezeit?
Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU):
Wir dürfen die Unternehmen bei dem notwendigen Wandel nicht überfordern. Wir regeln die Einführung der Frauenquote so, dass sie beherrschbar ist. In ein paar Jahren sollten sich alle fragen: Wo war dabei eigentlich das Problem?
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ich überlasse es meiner lieben Kollegin Mechthild Heil, Ausführungen zur Verbraucherpolitik zu machen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)