Bürgeranfrage zum Thema: Reform der Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV)/WHO-Pandemievertrag

In Namentlicher Abstimmung hat der Deutsche Bundestag für die Änderung des Vertrags zur Internationalen Zusammenarbeit im Fall einer Pandemie gestimmt. Die Covid-19-Pandemie hat uns vor einigen Jahren gezeigt, dass wir auch als internationale Gemeinschaft nicht gut darauf vorbereitet waren. Deshalb wurde jetzt ein Vertrag verhandelt, in dem sich die Vertragsstaaten gegenseitig verpflichten, besser zusammen zu arbeiten: sich gegenseitig zuverlässig über die Ausbreitung informieren, im eigenen Land für ein gutes präventives Management von sorgen (einschließlich etwa notwendigen Kontakt- oder Reisebeschränkungen), als auch den Zugang zu medizinischer Behandlung, Impfstoffen und Schutzmaterialien gerechter zu regeln. Es ist jetzt unser eigenes Interesse, bestmögliche Voraussetzungen für die unmittelbare und effiziente Bekämpfung von Krankheiten zu schaffen, gerade dann, wenn sie sich international schnell verbreiten. Alle haben ein gemeinsames Interesse daran, dass überall wirksame Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung ergriffen werden. Deshalb wurden die Internationalen Gesundheitsvorschriften (IGV) überarbeitet. Nach ausführlichen Beratungen hat die Vollversammlung der WHO eine Reform beschlossen.

Einige Bürger und Bürgerinnen haben mich angeschrieben, weil sie einen Verlust an staatlicher Souveränität und die Abschaffung bzw. substantielle Eingriffe in Grundrechte befürchten. Diese Sorgen sind unberechtigt - sonst hätte ich diesem Vertragsgesetz nicht zugestimmt.

Im Kern enthalten der Pandemievertrag und die darauf bezogene Gesetzesänderung wie dargestellt vor allem Vereinbarungen zwischen den teilnehmenden Ländern, schon bei ersten Anzeichen und später bei fortgeschrittenen Stadien einer möglichen Pandemie neue Warn- und Reaktionsstufen einzuführen und Daten auszutauschen. Das ist wichtig, um beispielsweise Ansteckungsverläufe und -Zahlen zu erkennen und damit die Gefahr, die von dem unbekannten Krankheitserreger ausgeht, besser beurteilen zu können. Wichtig ist: Die Änderung der IGV gibt der WHO keine Exekutivgewalt, insbesondere keinerlei eigene Eingriffsrechte, weder gegenüber den Vertragsstaaten noch gar gegenüber den Bürgern und Bürgerinnen. Der WHO werden keine Kompetenzen übertragen. Die staatliche Souveränität Deutschlands bleibt also uneingeschränkt erhalten. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags kommt zum gleichen Ergebnis und betont, dass der Vertrag "souveränitätsschonend" ausgestaltet ist - gleich an mehreren Stellen wird ausdrücklich auf die Bedeutung der Souveränität der Staaten hingewiesen (vgl. in der Präambel oder in Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1). Auch ist in Art. 22 Abs. 2 explizit festgehalten, dass keine Vorschrift des Pandemievertrags dahingehend interpretiert werden darf, dass die WHO-Befugnisse erhält, die sie berechtigen, Vertragsparteien nationale Rechtsvorschriften vorzuschreiben oder anzuordnen, dass Vertragsparteien bestimmte Maßnahmen ergreifen müssen (wie z. B. Impfpflichten oder Lockdowns). Das heißt: Es entscheiden weiterhin ausschließlich die nationalen Parlamente und Regierungen über konkrete Maßnahmen in ihren Ländern.

Auch alle Grundrechte der Bürger bestehen unverändert fort. Das Grundgesetz steht immer über internationalen Verträgen und kann durch sie nicht abgeschafft werden.
Was bedeutet nun der Hinweis in Artikel 2 des Gesetzes auf die Einschränkung von Grundrechten? Jedes Gesetz muss darauf überprüft werden, in welche Grundrechte es eingreift; dies muss dann ausdrücklich aufgeführt werden. Das ergibt sich aus der Formulierung dem sogenannten Zitiergebot in Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG. Das ist ein häufiger Fall, denn Gesetze greifen oftmals in Grundrechte ein, indem sie sie konkretisieren oder auch beschränken, und konkrete staatliche Eingriffe zulassen: Bauordnungsrecht etwa greift - zum Schutz vor Gefahren - in das Eigentumsrecht des Grundstückseigentümers (Artikel 14 GG) ein, die Schulpflicht greift - zur Gewährleistung des Bildungsanspruchs des Kindes - in das Elternrecht ein (Artikel 6 GG), die Strafbarkeit der Beleidigung greift - zum Schutz der Ehre - in das Recht auf freie Meinungsäußerung (Artikel 5 GG). Dabei gilt: das Gesetz und die einzelne Maßnahme müssen immer einer Verhältnismäßigkeitsprüfung standhalten. Sinn dieser Vorschrift ist es, dass einerseits der Gesetzgeber sich die Grundrechtsrelevanz der neuen Regelung bewusst macht, und dass andererseits für den Bürger Transparenz hierüber besteht, Grundrechtsbeschränkungen also nicht unbemerkt und unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle ins Gesetz geschrieben werden können. Das Grundrecht und seine Reichweite bleiben selbstverständlich erhalten und werden nicht etwa ganz oder teilweise abgeschafft!

Unser bisheriges nationales Infektionsschutzgesetz enthält bereits die Möglichkeit zu Grundrechtseingriffen und setzt diese fort: Abstandsregelungen in der Öffentlichkeit, Maskenpflicht, Höchst-Kundenzahlen im Supermarkt, Einschränkungen des Flug- und Fernverkehrs, auch gegebenenfalls Untersuchungs- und Duldungspflichten wie beispielsweise Tests auf Corona, auf Noroviren, Ebola o.ä., Sperrzonen- oder Quarantäneanordnungen sind bei Auftreten ansteckender Krankheiten möglich und dürfen bei Vorliegen der Voraussetzungen durch die zuständigen Behörden angeordnet und durchgesetzt werden - immer mit der Möglichkeit der Überprüfung einzelner Maßnahmen durch die Gerichte. Für Deutschland ändert sich mit diesem Vertrag also nichts Substanzielles; wir profitieren aber davon, dass sich auch andere Länder zu mehr Zusammenarbeit, Pandemiebekämpfung und Prävention verpflichten.

Aus meiner Sicht sind diese Regelungen für den Fall einer international wirkenden Pandemie plausibel und wichtig. Deshalb habe ich dem Vertragsgesetz zugestimmt.

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