Frage: Wie stehen Sie zu einem Verbotsverfahren gegen die AfD?
Ich habe in den letzten Wochen sehr viele Schreiben mit der Forderung, mich für ein AfD Verbot einzusetzen, erhalten. Dazu habe ich folgende Überlegungen:
Ich habe viel Sympathie für einen Antrag an das Bundesverfassungsgericht, das dann verbindlich entscheiden könnte, ob die AfD verboten wird.
Ein solcher Antrag könnte von der Bundesregierung, vom Bundesrat oder vom Bundestag gestellt werden. Der Ball liegt deshalb zunächst bei den Parteien der Ampel, die die Regierung und die Mehrheit im Parlament stellen. Wenn von dort ein Antrag gestellt wird, würde ich die Unterstützung durch meine Fraktion jedenfalls befürworten.
Maßstab einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ist Artikel 21 Absatz 2 GG. Danach sind "Parteien, die nach ihren Zielen oder nach dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgehen, die freiheitlich demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen der den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden, . verfassungswidrig". Außerdem muss nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrecht EGMR ein "dringendes soziales Bedürfnis" für das Verbot gegeben sein.
Bekanntlich gibt es bereits Entscheidungen der Verwaltungsgerichte, nach denen die AfD-Landesverbände aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen als "gesichert rechtsextrem" eingestuft und vom Verfassungsschutz beobachtet werden dürfen. Die Informationen über das Treffen am Lehnitzsee, aber auch die Verbindungen zur Identitären Bewegung und Verflechtungen mit den sogenannten "Reichsbürgern", die sich zur Zeit wegen Mitgliedschaft in einer Terroristischen Vereinigung vor Gericht verantworten müssen, bestätigen diese Bewertung zusätzlich. Ich sehe deshalb insgesamt durchaus Chancen für ein Verbot, auch wenn die verfassungsrechtliche Bewertung höhere Hürden beinhaltet, als der Maßstab der Verwaltungsgerichte.
Ich möchte aber auch auf die Gegenargumente eingehen. Die von vielen Kollegen geäußerte Ablehnung oder Skepsis gegenüber einem Verbotsverfahren liegt zumeist nicht in einer anderen Bewertung der AfD und ihrer Ideologie, sondern in der politischen Bewertung, ob ein Verbot politisch sinnvoll ist. Denn zum einen dauert ein Verbotsverfahren voraussichtlich recht lang und es wäre sehr fraglich, ob schon vor den Landtagswahlen im Herbst 2024 oder zur Bundestagswahl 2025 mit einer Entscheidung zu rechnen wäre. Das Ergebnis ist außerdem offen, da das Bundesverfassungsgericht die oben dargelegten Maßstäbe zu Recht sehr restriktiv auslegt. Wenn die AfD während eines laufenden Verfahrens oder nach einer abweisenden Entscheidung aber weiterhin an den Wahlen teilnehmen kann, könnte sie sich als Opfer stilisieren und dadurch bei den Wahlen sogar profitieren.
Zum anderen ist richtig, dass ein Verbotsverfahren weder den anderen Parteien, noch der Gesellschaft insgesamt die Auseinandersetzung mit den Positionen der AfD erspart: in jedem Fall müssen die Argumente und Positionen der Bürger und Bürgerinnen, die die AfD wählen würden, ernst genommen werden. Hinter dieser Zustimmung steht nicht immer eine verfassungsfeindliche Haltung, sondern vielleicht auch ein legitimes politisches Anliegen, für das die anderen Parteien bislang keine für sie überzeugende Lösung gefunden haben.
Diese Pro- und Contra-Argumente müssen weiter beraten und abgewogen werden.
Ich danke Ihnen, dass Sie sich politisch engagieren und bitte Sie dringend, in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis aktiv für unsere demokratischen Werte einzustehen und zu werben. Wir müssen unsere demokratische Kultur neu beleben, lagerübergreifend wieder gesprächsfähiger werden und nach tragfähigen gesellschaftlichen Kompromissen suchen. Nur so können wir einer Vergiftung unserer politischen Kultur entgegenwirken und Extreme klein halten. Das ist nicht nur im Bundestag, sondern auch am Küchentisch, am Stammtisch und am Arbeitsplatz nötig. Es ist nicht Zeit für populistische Antworten, sondern für tragfähige Kompromisse aus der Mitte der Gesellschaft heraus.
Bitte gehen Sie außerdem bei den anstehenden Wahlen zum Europaparlament am 9.Juni 2024 wählen und unterstützen Sie die Parteien der demokratischen Mitte - ich empfehle Ihnen natürlich insbesondere die CDU!