Anfrage zum Thema: Bürger, die sich gegen das 4. Infektionsschutzgesetz wenden

Sehr geehrter Herr..., Sehr geehrte Frau.....,

vielen Dank für Ihre Mail.

Ich habe dem 4. Infektionsschutzgesetz zugestimmt. Das Gesetz ist notwendig, da die Inzidenzwerte seit Mitte Februar kontinuierlich steigen und uns vor allem dringende Appelle aus den Intensivstationen der Krankenhäuser erreicht haben, zu stärker wirkenden Maßnahmen zu greifen.

Die 7-Tage-Inzidenz ist dabei ein objektiver, zielgenauer Wert, der nicht "herbeigetestet" werden kann und Schwankungen, die auch zufallsbedingt sein können, ausgleicht. Ich bin sehr betroffen, dass Sie hier von einer "beliebig manipulierbare Zahl" sprechen und damit - unausgesprochen - anscheinend eine entsprechende Absicht der Bundesregierung andeuten; der Vergleich mit Diktaturen, die Warnung vor einer neuen Diktatur ist in diesem Zusammenhang wirklich weit hergeholt. Man kann sicher mit unterschiedlichen Standpunkten diskutieren, was geeignet und verhältnismäßig ist; ich kann Ihnen aber in aller Deutlichkeit versichern, dass es allein um die Bekämpfung der Pandemie geht, ohne jeden anderen (diktatorischen?!) Hintergedanken! Ich widerspreche Ihnen auch, dass über die Anzahl der Test die Inzidenz manipuliert (iSv gesteigert) werden kann: Möglicherweise ist der Vergleich mit den Anfangszahlen vor einem Jahr nicht ganz treffend, weil damals noch sehr wenig getestet wurde und es eine gewisse Dunkelziffer gegeben haben mag. Seit Monaten wird aber nun jeder (freiwillig und nicht diktatorisch gezwungen!) getestet, der dazu irgendeinen Anlass hat, seien es eigene Symptome oder Infektionen im persönlichen Umfeld. Wer nicht infiziert ist, kann auch nicht positiv getestet werden, egal, wie viele Tests gemacht werden. Der Unterschied von wenig zu vielen Tests kann sich deshalb letztlich nur auf die dauerhaft symptomlosen Fälle beziehen: die blieben früher in der Dunkelziffer, jetzt werden sie in größerer Zahl entdeckt, d.h. die Dunkelziffer wird geringer und die Inzidenz steigt zunächst geringfügig. Vor allem werden aber weitere Infektionen vermieden, weil mehr symptomlose, aber ansteckende (!) Menschen von ihrer Infektion erfahren und ihr Verhalten darauf einstellen können und müssen. Eine Regierung, die eine höhere Infektionsrate erzielen wollte, um daraus politisches Kapital zu schlagen (ziehen Sie das für die deutsche Regierung ernsthaft in Betracht?), würde möglichst wenig testen, damit sich das Virus ungehindert verbreiten kann!

Die Grenze von 100 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern ist angemessen, weil spätestens ab dieser Schwelle die Gesundheitsämter die Kontakte von Infizierten nicht mehr nachverfolgen und Infektionsketten nicht mehr durchbrechen können. Und Fakt ist: je höher die Inzidenz, desto höher die Auslastung der intensivmedizinischen Kapazitäten, denn erfahrungsgemäß kommen diese höheren Zahlen binnen zwei Wochen auf den Intensivstationen an. Dies hat sich bisher leider immer bewahrheitet.

Zum Thema Förderalismus, das Sie ansprechen, möchte ich auf folgendes hinweisen: Es wäre gut gewesen, wenn die Landesregierungen die unter den MinisterpräsidentInnen verabredeten Maßnahmen auch umgesetzt hätten; dann wäre kein Bundesgesetz nötig gewesen. Ein grundsätzliches Föderalismusproblem sehe ich allerdings nicht. Infektionsschutz ist ein Rechtsgebiet, das das Grundgesetz in Artikel 74 Abs. 1 Nr. 19 der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung zuordnet. Das heißt, dass die Länder (nur) eigene Regelungen treffen können, wenn nicht der Bund selbst ein Gesetz erlässt. In den meisten anderen dort genannten Rechtsgebieten hat der Bund von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Das neue Bundesgesetz hält sich hier also im Rahmen der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes und schmälert den Föderalismus nicht mehr, als zB das bundeseinheitliche Strafgesetzbuch, das Vereinsrecht oder das Wettbewerbsrecht (sonst hätte es auch tatsächlich nicht erlassen werden können!).

Daher kann ich alle nur bitten, aktiv mitzumachen. Wir sind dem Ausweg aus dieser Pandemie wesentlich näher als jemals zuvor in den vergangenen 13 Monaten; das Impftempo hat spürbar zugenommen und wird noch weiter an Fahrt aufnehmen.
In der Anlage sende ich Ihnen noch einige weitere Informationen zu häufig gestellten Fragen.


Freundliche Grüße
Elisabeth Winkelmeier-Becker

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