Bürgeranfrage zum Thema: Frauenquote in der CDU

Sehr geehrte Frau .../Sehr geehrter Herr ...

vielen Dank für Ihr Schreiben zum Thema Frauenquote in der CDU.

Die Struktur- und Satzungskommission der CDU hat einen ganzen Strauß an Maßnahmen beschlossen, um den Frauenanteil in der CDU insgesamt zu erhöhen. Hierzu zählen beispielsweise eine politische Elternzeit oder Mentoring- und Patenprogramme. Es wurde außerdem ein Stufenplan vorgestellt, mit dem über einen Zeitraum von insgesamt fünf Jahren die Repräsentation von Frauen in den Entscheidungsgremien der Partei gesteigert werden soll. Dazu wird bei Wahlen zur Besetzung von zwei oder mehr Parteiämtern in einem Wahlgang (i. W. Stellvertreter und Beisitzer; gilt also z. B. nicht bei Vorsitzenden) ab der Kreisebene eine verbindliche Quote eingeführt. Bis 2025 soll diese Quote auf 50 Prozent erhöht werden. Abweichungen davon sind jedoch möglich, wenn nicht genügend Frauen zur Einhaltung der Quote kandidieren. In diesem Fall bestimmt die Anzahl der kandidierenden Frauen die Frauenquote.

Bei Delegiertenwahlen soll zukünftig eine dynamische Frauenquote gelten: Bei der Wahl der Delegierten für den Bundesparteitag und die Landesparteitage soll ab 2021 eine Quote von einem Drittel gelten. Ab einem weiblichen Mitgliederanteil von über 30 Prozent des jeweiligen Verbandes beträgt die Quote 40 Prozent. Bei einem weiblichen Mitgliederanteil von über 40 Prozent beträgt sie 50 Prozent.

Bei der Aufstellung der Listen für die Wahlen zum Europäischen Parlament, zum Deutschen Bundestag und der Landtage sollen ab 2021 mindestens ein Drittel, ab 2023 mindestens 40 Prozent und ab 2025 mindestens 50 Prozent Kandidatinnen unter den ersten 10 Listenplätzen vorgeschlagen werden. Unter drei aufeinander folgenden Plätzen soll dabei mindestens eine Frau sein.

Bei der Nominierung von Direktkandidaten für Bundestag oder Landtag wirkt die vorgesehene Regelung nicht. Wo wie bisher diese Mandate für die CDU ganz überwiegend als Direktmandate in den Wahlkreisen gewonnen werden, ändert sich folglich nichts. Über den Vorschlag entscheidet der Bundesparteitag; es werden sicher auch Änderungsanträge dazu gestellt werden.

Ich selbst werde den Antrag unterstützen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass sich die Beteiligung von Frauen in Ämtern und Mandaten in unserer Partei vielerorts nur sehr - zu - langsam steigert. Im Kreisvorstand der CDU Rhein-Sieg würden wir die Voraussetzungen übrigens bereits erfüllen, in der Bundestagsfraktion dagegen stehen nur 51 weibliche Abgeordnete 195 Kollegen gegenüber. Um den Bundesvorsitz und die Kanzlerkandidatur streiten bislang ausschließlich Männer.

Dabei wäre eine höhere Beteiligung gerade für uns und unser Selbstverständnis als Volkspartei wichtig, weil Frauen die Hälfte der Bevölkerung ausmachen - aus meiner Sicht ein Kriterium, das ebenso wie der Anteil an den Parteimitgliedern eine Rolle spielen muss. Denn Frauen bringen oft andere Erfahrungen und Sichtweisen ein. Gemischte Teams kommen so in der Politik ebenso wie in Wirtschaft oder Verwaltung zu angemesseneren, lebensnäheren Ergebnissen. Nicht zuletzt stellen Frauen die Hälfte der Wahlberechtigten. Wir werden unsere Chancen darauf, überhaupt Mandate bzw. aussichtsreiche Kandidaturen vergeben zu können, nur dann wahren können, wenn wir auch in Zukunft für Frauen jeden Alters wählbar sind. Das wird für eine auch in der Wahrnehmung männlich dominierten Union sehr schwierig werden, wenn Angela Merkel nicht mehr als Kanzlerin antritt.

Sie haben natürlich recht, dass es jeder Frau frei steht, in eine Partei einzutreten und sich mehr zu engagieren. Das Verhältnis von Ursache und Wirkung ist allerdings etwas komplizierter: gerade in den letzten Monaten, in denen unsere Stadt- und Gemeindeverbände Kandidatinnen für die Kommunalwahlen gesucht haben, wurden von den angesprochenen Frauen Absagen häufig mit den unverändert gleichen und typischen Lebenssituation von Frauen begründet: der Mann will es nicht (oder würde gerne selber kandidieren), die Kinder brauchen gerade mehr Unterstützung in der Schule, keine Zeit neben Beruf und Haushalt. Und während junge Männer in der Regel mit hohem Selbstvertrauen ausgerüstet sind, zögern Frauen oft und stellen sich trotz gleicher Qualifikation und politischem Interesse selbst in Frage. Gleiches gilt für Vorstandswahlen. Wenn es dann um die „prominenteren“ Ämter und Mandate geht, fällt der Blick auf diejenigen, die bereits in Parteivorständen und kommunalen Fraktionen aufgefallen sind; diese Vorstände sind der Pool, aus dem später Kandidaten gewonnen werden. Deshalb widerspricht eine Quotenregelung nicht der Bestenauslese, sondern sichert gerade, dass mehr gute und beste Potenziale überhaupt bemerkt werden.

Heute verschieben sich schon an dieser Stelle die Chancen zulasten der Frauen - dauerhaft und uneinholbar. Wir müssen also die Chancen erhöhen, dass sich Frauen engagieren und sich so auch für weitere Aufgaben ins Spiel bringen können. Daher bedauere ich, dass die angestrebte Quote die Gemeinde-, Stadt- und Ortsverbände an der Basis nicht mit einschließt, denn hier beginnt das politische Engagement und entsprechend sollte der Zugang für Frauen, die bislang unterrepräsentiert sind, erleichtert werden.

Wir haben große Erfolge bei der Besetzung von politischen Spitzenämtern mit Frauen erreicht: die erste Bundeskanzlerin, die erste EU-Kommissionspräsidentin, eine amtierende Parteivorsitzende. Doch zwei davon werden absehbar aus ihren Funktionen ausscheiden und durch Männer ersetzt. Es wird deutlich, dass sich unterhalb der Führungsebene zu wenig getan hat. Deshalb braucht es jetzt mehr verbindliche Vorgaben. Die Frauenquote ist hier kein Selbstzweck, sondern ein Druckmittel für den Übergang zur Unterstützung von Frauen in der Politik, bis das Thema Quote nicht mehr nötig sein wird.

Mit freundlichen Grüßen
Elisabeth Winkelmeier-Becker

 

 

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