Am Donnerstag hatten wir im Bundestag über eine neue Regelung zur Suizidassistenz zu beraten und entscheiden. Eine frühere Regelung, die mit Blick auf das Geschäftsmodell von Sterbehilfevereinen die geschäftsmäßige Sterbehilfe unter Strafe gestellt hatte, wurde vom Bundesverfassungsgericht unter dem damaligen Präsidenten Vosskuhle aufgehoben. Mit einer starken Betonung der Freiheit zum Suizid wurde dort postuliert, dass es den mit freiem Willen gesuchten Zugang zu Sterbehilfe geben müsse, wenn diese angeboten werde. Entgegen verbreiteter Ansicht bezieht sich dies nicht nur auf die Situation des Endstadiums einer schweren Erkrankung, sondern betrifft potentiell jede Lebensphase und -situation. Einschränkend wurde dem Staat aufgegeben, etwa durch ein geeignetes Verfahren voreiligen Entschlüssen oder auch Drucksituationen entgegenzutreten. Vor diesem Hintergrund lagen nun zwei Gesetzentwürfe vor, die mit unterschiedlicher Gewichtung die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts umsetzen wollen. Beide sehen eine praktikable und zügige Lösung für den Fall vor, dass bei absehbar kurzer Lebenserwartung ein Zuwarten auf weitere Untersuchungen nicht zumutbar erscheint. Bei Suizidwusch in anderen Lebenssituationen unterscheiden sie sich aber deutlich. Ich selbst habe mich bei dem Gesetzentwurf der überfraktionellen Gruppe Heveling/Castellucci eingebracht und diesen unterstützt. Er sah vor, dass ein Suizident sich zwei Mal im Abstand von mindestens drei Monaten in fachärztlicher bzw. therapeutischer psychiatrischer bzw. psychologischer Praxis beraten und die Freiheit seines Entschlusses bestätigen lassen muss. In der Zwischenzeit sollte es eine geeignete Beratung zu den Problemen geben, die dem Suizidwunsch anscheinend zugrunde liegen, etwa eine Schuldnerberatung oder ein passendes Therapie- oder Gesprächsangebot zu drängenden zwischenmenschlichen Problemen. So sollten alle Optionen genutzt werden, die zum Erkennung und Heilen von psychischen Erkrankungen und zur Lösung solcher Probleme beitragen können und zum Weiterleben ermutigen; außerdem würde einer übereilten Entscheidung vorgebeugt. Demgegenüber sah der Alternativantrag lediglich eine allgemeine Suizidberatung vor, und schon drei Wochen später kann das tödliche Medikament von einem Arzt jeder Fachrichtung verschrieben werden. Dazu sollen eigene Beratungsstellen aufgebaut werden. Eine staatlich bereit gestellte Suizidberatung - das normalisiert, das banalisiert den Suizid und lässt ihn als naheliegende Option erscheinen.
Ich bedaure sehr, dass der Bundestag keine Entscheidung zum assistierten Suizid getroffen hat. Es bleibt daher leider weiterhin bei einem ungeregelten Zustand und es gibt keine Grenzziehungen für assistierten Suizid derzeit. Der Gesetzentwurf Castellucci/Heveling hatte gleichwohl die meisten Stimmen. Wir werden als Gruppe jetzt in Ruhe überlegen, wie es weitergeht.
Meine Rede dazu im Plenum gibt es hier: https://www.bundestag.de/