Seit Ende Oktober liegt der Arbeitsentwurf der Bundesumweltministerin Barbara Hendricks zum geplanten Wertstoffgesetz vor. Aller recycelbarer Müll soll künftig über die neue Wertstofftonne entsorgt und dem Recycling zugeführt werden.
Nach dem Entwurf sollen die gelben Tonnen und Säcke künftig flächendeckend durch Wertstofftonnen ersetzt werden. Die vor allem von Bürgerinnen und Bürgern und Verbraucher- und Umweltschutzverbänden als unsinnig empfundene Unterscheidung zwischen Verpackungsmüll und anderen Plastik- oder Metallabfällen – die nicht in die gelbe Tonne dürfen – entfiele.
„Dass Kunststoff- und Metallabfälle entsorgungsrechtlich in zwei Welten gehören, erschloss sich den Konsumenten auch trotz jahrzehntelanger Öffentlichkeitsarbeit durch das Duale System und die kommunalen Abfallberatungen nur sehr schwer.
Ein Beleg dafür sind die seit Jahren stagnierenden Recyclingquoten in diesem Segment“, so Elisabeth Winkelmeier-Becker, die Vorsitzende der Arbeitsgruppe Recht und Verbraucherschutz der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. „In mehreren Pilotversuchen, u.a. auch in meinem Wahlkreis bei der RSAG, hat sich gezeigt, dass eine Wertstofftonne, die mit der feinen lizenzrechtlichen Unterscheidung Schluss macht, die Recyclingquoten wieder nach oben bringt“, so Winkelmeier-Becker weiter.
Unstreitig ist also der Katalog derjenigen Abfälle, die künftig über die Wertstofftonnen erfasst und dem Recycling zugeführt werden sollen. Über alles davor (Lizensierung, Sammel- und Transportlogistik) und dahinter (Verwertung und Vermarktung) wird von den Interessenvertretungen der Kommunalverbände und Entsorgungswirtschaft heftig gestritten.
„Aus dem Europarecht ergibt sich eine Verpflichtung der nationalen Gesetzgeber, eine getrennte Wertstofferfassung vorzusehen. Insbesondere sind Papier, Glas, Metall, Holz und Kunststoffe getrennt zu erfassen. Soweit klar und deutlich.
Keine Angaben macht der europäische Gesetzgeber jedoch dazu, wie diese Wertstofferfassung in den Mitgliedsländern organisatorisch abgebildet und durchgeführt werden soll“, stellt die Juristin Winkelmeier-Becker klar.
Im nun vorgelegten Referentenentwurf des BUMB ist die eigentliche Sammlung der neuen Wertstofftonne den privatwirtschaftlich aufgestellten Systembetreibern zugewiesen. Auf der andern Seite sind keine wirksamen Durchgriffsrechte für die Kommunen vorgesehen. Vorgaben für die Sammelstruktur dürfen nur unter massiven Einschränkungen gemacht werden. Außerdem kann die Kommune den Entsorger nur rügen – ohne jedwede Konsequenz. Kommunen dürfen im Rahmen einer Ausschreibung beispielsweise die Sammelstruktur nur unter erheblichen Einschränkungen bestimmen, d.h. welche Tonne genutzt wird, wie oft das Müllauto kommt, etc.
„Das stellt für die Kommunen ganz klar eine Verschlechterung gegenüber dem Status Quo dar. Der einzige Vorteil im Arbeitsentwurf besteht für die Kommunen darin, dass sie eigene Tonnen anschaffen können, für deren Nutzung die privaten Entsorgungsfirmen ein Entgelt zahlen sollen. Das sind für mich jedoch keine richtigen Durchgriffsrechte, wie sie zuvor im Eckpunktepapier angekündigt wurden. Die privilegierte Einbindung
der Privatwirtschaft an dieser Stelle der Wertschöpfungskette im Referentenentwurf ist mithin nicht der Umsetzung europäischen Rechts, sondern vielmehr einer politischen Entscheidung geschuldet. Es gibt durchaus Standpunkte, die die Wertstofferfassung als „Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse“ gem. Art 106 Abs. 2 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in kommunaler Organisationsverantwortung verorten“, so Winkelmeier-Becker.
In der Praxis würden durch das neue Wertstoffgesetz erhebliche Mengen des Wertstoffstroms Kunststoff, die zuvor in Restmülltonnen oder als Fehlwürfe in Gelben Tonnen/Säcken schlummerten, der kommunalen Hoheit entzogen. Diese Stoffströme wurden bislang von den kommunalen Entsorgern vermarktet. Die Erlöse aus dieser Vermarktung sicherten vielerorts den Fortbestand zahlreicher kommunaler (Entsorgungs-) Betriebe und Müllverbrennungsanlagen.
„Von daher sollten wir die Tatsache nutzen, dass sowohl private als auch kommunale Entsorger mit dem vorgelegten Referentenentwurf zum Wertstoffgesetz nicht glücklich sind und sollten ihn deshalb schleunigst schreddern und recyceln“, schlägt Winkelmeier-Becker vor. „Im Sinne der Verbraucher und der Umwelt sollten wir uns die Zeit nehmen, um hier nochmals nachzubessern.“