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Wie schützen wir Prostituierte?

Seit langer Zeit setze ich mich für einen Paradigmenwechel in der Prostitution hin zum Nordischen Modell ein. Meiner Einschätzung nach kann in der Praxis selbstbestimmte Prostitution von Zwangsprostitution und Menschenhandel nicht wirklich unterschieden werden. Die unerträglichen Zustände in der Prostitution  wie sie legal heute tagtäglich passieren, können nur durch ein Sexkaufverbot eingedämmt werden. Dazu habe ich einen Artikel in der "Sozialen Ordnung" der CDA verfasst:

Gerade die CDA streitet für gute Arbeit in der Fleischindustrie. Unzumutbare Arbeits- und Wohnverhältnisse für Arbeiter aus Osteuropa, durch missbräuchliche Vertragsgestaltung ermöglicht, müssen gestoppt werden. All das gilt erst recht bei Prostitution – nur krasser! Frauen müssen hier täglich für männliche Porno-Phantasien herhalten, Schmerz, Ekel und Demütigung ertragen. Ohne Skrupel, denn alles ist legal und Mann hat ja bezahlt. Fataler als ein Werkvertrag ist die „Selbständigkeit“ der völlig unerfahrenen Frauen, die jeden Arbeitsschutz aushebelt: unbegrenzte Einsatzzeit, Menstruation, Schwangerschaft – alles (l)egal.

Alles Freiwillig? Unter dem Deckmantel der Legalität besteht ein faktisch rechtsfreier Raum mit Machtstrukturen, die auf Täuschung, Drohung und Gewalt beruhen. Ermittlungen sind fast unmöglich, da die Opfer nicht auszusagen wagen. Jedoch: Wer glaubt an Selbstbestimmung und Freiwilligkeit, wenn Penetration in Mund, Vagina oder Anus für 30–80 Euro angeboten werden? Alles ist erlaubt, alles muss ertragen werden – vom Strich bis zum Laufhaus, wie freimütige Einträge in Freierforen belegen. Das Geld geht drauf
für Zimmermiete, Steuer, Zuhälter.

Ein normaler Beruf? In welchem anderen Beruf sind 60 Prozent der Frauen traumatisiert, viele an Kiefer und Unterleib dauerhaft verletzt; wo sonst braucht es Betreuung und Ausstiegshilfen? Das Narrativ von der selbstbestimmten Prostituierten mit Wohnung, Konto, Rente und Krankenversicherung mag auf lautstarke 10 Prozent zutreffen, ist ansonsten widerlegt.

Die Reform 2017 hat für die bis zu 400.000 Prostituierten zu wenig verbessert. Es braucht den Paradigmenwechsel, der Freier und Zuhälter sanktioniert, nicht die Frau; der den Markt für Menschenhandel und Ausbeutung unattraktiv macht; der zeigt, dass Sexkauf nicht akzeptiert wird! Und der echte Ausstiegshilfen anbietet: den versprochenen Job, die Heimkehr mit etwas Geld.

Die Floskel vom Abdriften in Illegalität und „dunkle Ecken“ wird von der 20jährigen Erfahrungen in Schweden widerlegt: Prostitution wurde auf einen Bruchteil vermindert, der Kontakt zu Beratungsstellen, der Zugriff für Ermittler bleiben ungehindert bestehen. Der Ver gleich zum coronabedingten Verbot, das sich auch gegen die Anbieterinnen richtet, geht an der Sache vorbei!

Der Mensch steht im Mittelpunkt. Wer den Menschen in der getäuschten, hilflosen Osteuropäerin nicht erkennt, sollte diesen Satz nicht mehr in den Mund nehmen.